Pottcher Röhr'nkoung
15.09.2019
Durch Pottiga bin ich schon ein paarmal durchgefahren. Es gibt eine schöne moderne Aussichtsplattform „auf dem Wachhügel“ mit einem herrlichen Blick über die Saale, und man kann spazieren gehen. Der Ort selber macht einen kleinen und verschlafenen Eindruck, kaum dass man mal Leute auf der Straße sieht oder Autos begegnet. Die Einwohnerzahl wird mit 466 angegeben.
Am 14. und 15.09.2019 war das Marktfest angekündigt mit Kinderfest, Musik, gemütlichem Beisammensein, traditionellem Jahrmarkt, Blasmusik und Händlern. Das beschauliche Treiben wollte ich mir gerne mal ansehen und machte mich zu Fuß auf den Weg von Blankenberg nach Pottiga.
Die Sonne schien, es war angenehm warm, und ich lauschte lange vergeblich, bis tatsächlich einige Töne von Blasmusik herüberzuwehen schienen.
Vor mir tauchte ein Festplatz mit Zeltdächern und Menschen auf. Ein paar Schritte weiter fand ich mich in einem Gewimmel von Leuten wieder. Gegenüber stimmte die Blaskapelle ihr nächstes Lied an, Biertischgarnituren, ein Getränkeausschank und entlang der Straße waren Stände aufgebaut. Menschenmassen bewegten sich durch Pottiga. Ein richtig großes Fest.
Ich hatte Durst auf einen Kaffee. Kaffee und Kuchen sollte es geben, hatte auf dem Werbeplakat gestanden. Ich sah aber nur einen Bier- und Würstchenstand. Danach war mir gerade nicht. Ich entschied mich, den Berg runter zu gehen, obwohl mir durchaus bewusst war, dass ich ihn anschließend wieder hochlaufen müsste, worauf ich mich nicht unbedingt freute. Ein Stand am anderen. Viele Leute. Die Marktmeile schien bis runter zum Zugang zur Aussichtsplattform zu reichen. Aber die Händler hatten definitiv anderes zu verkaufen als Kaffee und Kuchen.
Ich probierte es in der anderen Richtung. An einem Eisstand zögerte ich und entschied mich schließlich für einen Eiskaffee. Ein Stück weiter schien gerade der letzte Kuchen abgeräumt zu werden. Wie ärgerlich!
Ich ging die Straße weiter den Berg hinauf, und da ich nicht fündig wurde, fragte ich. Ich solle es mal in die andere Richtung versuchen. Hinter dem anderen Eisstand müsse es eigentlich Kuchen geben.
Na gut. Stände über Stände! Ich schätzte bald hundert Stände. Dann betrat ich einen Platz. Links ein Stand mit Kaffee für 50 Cent und Kuchen für 3 Euro, Tische mit Bänken, eine DJ-Bühne und geradeaus der beworbene Pottcher Röhrnkoung.
Was ist das für eine Spezialität, zu der im Internet kein Rezept zu finden war?
Unter einem gewinkelten hölzernen Unterstand standen etliche Frauen und Herren und waren eifrig dabei, diese Spezialität herzustellen. Das musste ich mir genauer anschauen.
Immer wieder wurden Bleche mit Teigkugeln herangetragen. Mehrere Damen rollten diese auf Papptellern zu dünnen Fladen aus. Der Teig besteht aus geriebenen Pellkartoffeln und Mehl, ließ ich mir sagen.
Die Fladen wurden weitergereicht an diejenigen, die sie auf alten Holzherden brieten. Waren sie gar, dann wurden sie weitergereicht an die nächste Station, wo sie von beiden Seiten mit ausgelassener Butter bestrichen wurden. Die nächste Dame streute Zucker darüber, die nächste tat sie in der bestellten Zahl aufgerollt auf einen Pappdeckel der dann in Alufolie eingewickelt wurde.
Die Alufolie hätte man für mich gerne weglassen können, ich wollte ja sofort probieren.
Der Andrang war groß. Weil man es vorausgesehen hatte, durfte man pro Bestellung höchstens 20 Stück, Stück 50 Cent, ordern. Die Schlange war zwar nicht lang, die Wartezeit schon. Die Herstellung kam kaum hinter der Nachfrage her. Ich bestellte 3 Stück.
In der Tat schmeckten die Pottcher Röhrnkoung (Pottigaer Röhrenkuchen) gut. Aber beim dritten war ich auch schon recht satt. 20 Stück hätte ich davon niemals geschafft. Dabei hatte es für mich gar nicht so ausgesehen, als wenn die Leute sie für mehrere Personen bestellt hätten.
Zu diesem Preis waren es sicher die engagierten Hausfrauen, Landfrauen oder Vereine, die für Kaffee und Kuchen sorgten. Sehr faire Preise. Danke!
Ich genoss den Tag und zog es vor, zurück den Weg entlang der Umgehungsstraße zu laufen und die vielen Steigungen zu vermeiden.
Was für eine Überraschung! Ein verträumtes Nest mit 466 Einwohnern, das plötzlich zu pulsierendem Laben erwacht und vor Menschen und Ständen überquillt. Es waren tatsächlich um die 100 Stände und sicher Tausende Besucher. Toll!
15.09.2019