Privates Hoheitentreffen in Blankenberg
Ein so chaotisches Jahr wie 2020 hatte wohl niemand erwartet. Neben vielen nicht unbedingt schönen Ereignissen war dasjenige mit der größten Wirkung die Pandemie mit dem Corona-Virus SARS-COV2. Die Maßnahmen, die weltweit installiert wurden, um die Verbreitung zu verlangsamen oder zu verhindern, hatten schwere Nebenwirkungen. Die Wirtschaft ächzte unter ihnen und ganz besonders schwer traf es Kulturschaffende und das soziale Gefüge der Gesellschaft.
Die vielen bereits angekündigten Stadtfeste wurden sämtlich abgesagt. Drastische Hygienevorschriften und Abstandregeln machten es den Veranstaltern weitgehend unmöglich, überhaupt eine Veranstaltung durchzuführen.
Zum Spätsommer hin wurden die Regeln wegen niedriger Infektionszahlen zurückgefahren, und private Feiern mit 30, später 50 Personen wurden wieder erlaubt.
In Deutschland gibt es weit mehr als tausend Ehrenhoheiten. Immer, wenn angekündigt wurde, ein Fest könnte vielleicht doch noch stattfinden, meldeten sich Scharen von ihnen, sie würden gerne dabei sein. Meist kam bald danach die Nachricht, dass die Veranstaltung nun doch abgesagt werden musste. Oft war der Aufwand durch die neuen Vorschriften zu groß.
So entschloss ich mich, ein privates Hoheitentreffen zu organisieren. Wenn sich Hoheiten in kleinem privatem Rahmen trafen, konnte man seine Kontakte wieder auffrischen, zusammen ein schönes Wochenende verbringen und sich aufs nächste Jahr freuen, wo man ja hoffentlich auch wieder zu dem einen oder anderen Stadtfest eingeladen werden könnte.
Die Begeisterung schien groß zu sein. Da nie alle zusagen werden, die man einlädt, schickte ich nach und nach 52 Einladungen raus. Die meisten bedankten sich begeistert. Viele sagten zu, und ich bereitete mich darauf vor, dass vielleicht etwas über 30 Personen teilnehmen würden. Wenn jeder seine Luftmatratze und Schlafsack (o. ä.) mitbrachte, könnte ich 20 Übernachtungsgäste unterbringen, ohne dass es zu eng wird, rechnete ich mir aus.
Unschön war, dass es so viele Unentschlossene gab, die kommen wollten, sich aber nicht festlegten. Noch frustrierender war, dass etliche Zusagen kurz vor der Feier zurückgezogen wurden, wobei manche auch ziemlich fadenscheinige Begründungen vorbrachten.
Ich hatte mir aber vorgenommen, dieses Fest durchzuziehen, selbst wenn nur zwei oder drei Hoheiten kommen würden. Dann würden wir eben Nachbarn aus dem Ort einladen, denn ein fröhlicher Abend mit Live-Musik braucht nun mal eine gewisse Menge Feiernde.
Es kam dann doch nicht ganz so dicke. Die Thüringer Wanderfleischer hielten ihr Wort, kamen mit ihrem Wohnwagen und brachten auch noch leckere Thüringer Roster und Brätl (Bratwürste und Steaks) mit. Auch war die ehemalige Hopfenkönigin Melanie aus Schkölen dabei, obwohl sie mitten in Umbau und Umzug steckte, und auf die Wurzbacher Honigkönigin Juliane war auch Verlass. Erst kurz vor dem Fest war eine Nachfolgerin ernannt, die so kurzfristig jedoch keine Zeit hatte. Besonders freute ich mich auch, dass der Hoheitenfotograf Andreas Lawrenz seinen Terminplan über den Haufen warf und uns für einen kurzen Besuch beehrte. Auf die Fotos sind wir sehr gespannt, denn seine Fotos waren bisher immer gut.
Nach einem kleinen Imbiss gingen wir zum Hochzeitskorb, von wo man einen sehr schönen Ausblick auf Blankenstein und den Frankenwald in Bayern hat. Im Tal fließt die Saale, die einst die innerdeutsche Grenze gebildet hat.
Die Burgruine bildete eine schöne Kulisse für Fotos.
Ein kurzer Spaziergang führte uns auf die Bastei, einen Felsvorsprung, der herrliche Ausblicke auf die wunderschöne Landschaft der Saale freigibt. Ganz so bekannt, wie die Bastei im Elbsandsteingebirge ist die Bastei von Blankenberg freilich nicht.
Zurück in Lutzis Kulturpalast gab es Kaffee und Kuchen.
Da der Himmel inzwischen seine Schleusen öffnete, wechselten wir zum Alternativprogramm und ich projizierte Erinnerungen meiner 8jährigen Amtszeit als Königin, was auf die Anwesenden Hoheiten sehr anregend wirkte. „Ach sieh mal, ist das nicht die… wie hieß sie doch gleich?“ Man traf auf der Leinwand Hoheiten, die man längst aus den Augen verloren hatte, weil sie nach Weitergabe ihrer Krone die Kontakte nicht gepflegt hatten oder weggezogen waren. Es ist schade, dass sich unter den Hoheiten, die eigentlich eine eingeschworene Gemeinschaft darstellen sollten, so wenige andauernde Freundschaften entwickelt hatten.
Ich konnte natürlich nur Auszüge von einigen ausgewählten Festen zeigen, weil es sonst einfach zu viel geworden wäre. So manch ein lustiges Erlebnis wurde erzählt, und man erinnerte sich gemeinsam an viele schöne Zeiten. Werden die jemals wiederkommen? Nach Corona? Obwohl einige nicht mehr im Amt sind? Wie ist es so als ehemalige Hoheit? Man war sich einig, „mir fehlen die Treffen, die Auftritte, die tollen Erlebnisse“.
Entschlossen stimmten alle dafür, so eine Veranstaltung zu wiederholen. Vielleicht klappt es ja nächstes Mal, dass man genügend Zeit freischaufeln kann, über Nacht zu bleiben. Vielleicht schließen sich ja noch einige Hoheiten oder ehemalige an, die es ernst meinen und Verlässlichkeit beweisen. Ob es manchen nur darum geht, in die Medien zu kommen und Gastgeschenke einzustreichen? Möglich. Aber wem es nicht wichtig genug ist, der soll gerne wegbleiben.
Am Abend blieben von den Hoheiten nur noch die Wanderfleischer. Dafür aber kamen die Nachbarn in großer Zahl. Es entwickelten sich lockere Gespräche, Lutzi spielte den ganzen Abend Live-Musik, gutes Essen und die Getränke flossen in Strömen, was will man mehr?
Zum Frühstück am nächsten Morgen kamen nur noch die Wanderfleischer. Es gab Klopapiermarmelade, die auf eine Geschichte zurückgeht, die ich geschrieben habe und die mich bis ins Radio gebracht hat. Alle waren sich einig: das müssen wir unbedingt wiederholen!
05.09.2020