36 Hoheiten beim 26. Kartoffelfest in Genthin
21.09.2019
Vielleicht ist so eine Art Konkurrenzkampf unter den Orten ausgebrochen um die größte Zahl an Gasthoheiten. Vielleicht ist es einfach nur auch Zufall. Jedenfalls waren in Genthin beim Kartoffelfest 36 der angemeldeten Prinzessinnen und Königinnen anwesend, nachdem gerade mal eine Woche zuvor beim Flechtkulturfestival im fränkischen sogar 46 Hoheiten versammelt waren.
Eins hatten die beiden recht unterschiedlichen Feste außerdem gemeinsam, nämlich das fantastische Wetter. Warm schien die Sonne von einem makellos blauen Himmel. Für Feste, die im Freien stattfinden, ideale Voraussetzungen.
Ein freudiges Wiedersehen gab es auch mit „alten Bekannten“ wie der 2. Harzer Kräuterkönigin Steffi oder den Thüringer Wanderfleischern Irene und Werner Kästner, die Sauerkrautkönigin oder mit der unersetzlichen Marina Conradi, die hier wie auch in Parey die Feste voll im Griff hat.
Ich hatte mein Auto voller Hoheiten geladen und von Thüringen ins Jerichower Land gefahren. Erstaunt stellte ich fest, dass es nicht nur am Thüringer Meer einen Ort Hohenwarthe gab, sondern auch dieser Region. Vielleicht kann mich die Thüringer Meerjungfrau darüber aufklären, was es damit auf sich hat.
Kartoffelfest in Genthin heißt Kirmes, Jahrmarkt. Ohne die Potsdamer Schaustellerfirma Schmidt würde das Kartoffelfest gar nicht mehr existieren. Da aber auch hier die Preise steigen, muss man für die Kirmes inzwischen Eintritt zahlen. Das hält den einen oder anderen davon ab zu kommen. Dafür wird einem jedoch einiges geboten, auch ein unterhaltsames Bühnenprogramm. Ganz so voll wie im letzten Jahr war es dieses Jahr nicht, obwohl es mehr Fahrgeschäfte gab als zuvor.
Genthin liegt gar nicht so weit entfernt von dem Ort Brandenburg am Elbe-Havel-Kanal. Das drei Tage dauernde Kartoffelfest wird jedes Jahr Ende September im Volkspark ausgerichtet. Nachdem Henkel mit seiner Waschmittelproduktion für Spee aus der strukturschwachen Gegend weggegangen war, hing alles am seidenen Faden. In der Umgebung gibt es Landwirtschaftsgenossenschaften, die Kartoffelanbau betreiben, wovon dieses Fest abgeleitet wird, auch wenn man in Genthin selber nichts von Landwirtschaft sieht.
Das Fest beginnt mit dem Einmarsch, angeführt diesmal von der Schalmeienkapelle Rossow. Rechts und links der Musiker vervollständigen wir Hoheiten das Bild, das den zahlreichen Zuschauern geboten wird. Das Fest wird eröffnet. Ich bin zum 3. Mal dabei und im Jerichower Land schon einigermaßen bekannt.
3 Tage geht das Kartoffelfest. Am Freitag beginnt es mit Musik und Party. Der Samstag ist der Haupttag, an dem die vielen Hoheiten zu Gast sind, und am Sonntag ist auch noch ordentlich was los. Meist hat es auch mit dem Wetter sehr gut geklappt.
Genthin, wo liegt das? 50 km von Magdeburg, 25 km von Brandenburg an der Havel im Jerichower Land. Es ist eine sanfte, ebene Landschaft, die sehr schön auch als Tourismusregion geeignet ist zum Radfahren, Wandern, für Wassersport und zum Entspannen. Besonders hervorgetan hat sich das romantische Erlebnisdorf Parey unweit von Genthin.
Die Region hat so einiges zu bieten. Rogätz und der gewaltige Kalimandscharo sind durchaus einen Besuch wert, z. B. zum Blütenfest. In Pömmelte bei Schönebeck kann man ein rekonstruiertes Ringheiligtum bewundern. In Gommern lädt der Gurkenmarkt zum Fest ein, Hohenseeden feiert den Spargel und Parey das Elbauenfest. Im Elbauenpark von Magdeburg gibt es u. a. den Prinzessinnentag, in Jerichow steht das markante alte Kloster, das diesem Landstrich den Namen gegeben hat, und feiert eben das Kartoffelfest. Da hat man viel Auswahl.
Zur Kirmes gehören Stände und Fahrgeschäfte. So mancher erinnert sich gerne an alte Zeiten zurück, wo eine Fahrt 30 Pfennige gekostet hat und schier endlos zu gehen schien, als man am Schießstand für wenig Geld noch auf Tonröhrchen geschossen hat, die nicht gehärtet waren, sondern beim Treffer auch richtig zerplatzt sind und an Preise, die richtig gut waren und über die man sich wirklich freuen konnte. Wie alles andere auch ist es teurer geworden.
Vielleicht verfälscht die Erinnerung auch manches. Ganz den Zauber aus der Kindheit hat die Kirmes nicht mehr – aber das ist überall so. Es ist auch merkwürdig, dass es uns früher gar nichts ausgemacht hat, wild im Karussell zu fahren, und heute wird uns ja schon übel, wenn wir sehen, wie sich alles dreht und schleudert. Könnte es sein, dass wir alt werden? Das wäre ja entsetzlich!
Aber ich bin beruhigt, im Internet steht, dass das im Alter wieder besser wird. Deshalb sähe man Eltern seltener mit den Kindern in der Achterbahn als Großeltern. Dann bin ich also doch noch nicht alt.
Autoscooter ist da eine ganz andere Sache. Das kann ich gut ab und habe auch viel Spaß dabei. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es besser ist, solange die Krone abzunehmen, die sich sonst verselbständigen möchte. Und besonders cool sieht es aus, wenn die Hoheiten mit den weiten Kleidern sich in die Autoscooter quetschen. Letztes Mal hatte ich nur einmal fahren können. Diesmal wollte der Zufall es, dass wir Chips für 2 Runden hatten. Na, wenn wir schon nicht mit dem Break Dancer („Kotzmühle“) gefahren sind…
Der Ausdruck „Kotzmühle“ stammt aus Kindelbrück, wo ich 2014 mit so einem Karussell gefahren bin. Es war Abend (zum Glück!), und sobald die Fahrt losging, drehte sich mir der Magen um. Die gute Thüringer Bratwurst, die Pommes und auch die Cola explodierten förmlich. Zum Glück saß ich an der Außenseite… Nach dem Aussteigen war ich kreideweiß. Zum Glück war nichts auf mein weißes Kleid gespritzt. Es ging mit stundenlang nicht gut. Den Break Dancer tauften wir um in „Kotzmühle“.
Die Vorstellung der Hoheiten wurde eine Mammutsitzung, die sich die beiden Moderatoren Manni und Basti teilten. Die Vorgabe „kurz und jeder nur 3 Sätze“ wurde nicht ganz so strikt umgesetzt, aber das Publikum hörte zu, und darauf kommt es ja an. Auf der Bühne wurde es immer voller, denn 36 Hoheiten sind schon eine große Zahl.
Ein Kartoffelschälwettbewerb war auch angesetzt. Und aufgrund des engen Zeitplans konnten nur wenige von uns dabei mitmachen. Ein Sanitäter
mit gezückten Pflastern stand auch mit auf der Bühne und gierte darauf, einer schönen Prinzessin die Finger verbinden zu dürfen.
Aber für einen Blutrausch reichte es nicht. Ich mache ja gerne solche Späße mit. Nächstes Mal nehme ich mir vielleicht ein Päckchen Ketchup mit, damit alle auf ihre Kosten kommen. Dann komme ich in die Bildzeitung: „Blutbad beim Kartoffelschälen!“ und ganz klein darunter „Es war nur Ketchup“. Das wäre doch mal was!
Genthin hatte sich für die Hoheiten ins Zeug gelegt und eine Schifffahrt mit 3 f auf dem Elbe-Havel-Kanal organisiert. Kartoffelkönigin Nicole erklärte uns, wir würden 500 m bis zum Schiff laufen. Lachen mussten wir, weil sie uns nicht gesagt hatte, von wo die 500 m zu zählen beginnen.
Es ging ein Stück nach Osten, vorbei am Gebiet, wo das Spee Werk stand und dem, wo TCS sein Werk hat, das wir 2018 besichtigt hatten. Die Landschaft war in gelbliches Abendlicht getaucht, und weil jemand auf die Idee kam, wurde die berühmte Szene aus dem Film Titanic nachgestellt. Nur Celine war nicht da, um „Time to say goodbye“ zu singen.
Das Schiff wendete und fuhr nun in die entgegengesetzte Richtung, vorbei an der Genthiner Werft. Ein ziemlich großes und langes Transportschiff kam uns entgegen. Auch im Trockendock lag ein sehr langer Kahn.
Wir sahen Abzweigungen der Wasserarme wie den Altenplathower Altkanal. Älter ging es wohl nicht. Kein Wunder, wenn sie gerne mal junge Hoheiten an Bord nehmen.
Erstaunt waren wir von dem Schild an der Kaimauer: „Nur für Lidl Kunden“. Mit dem Schiff zum Lidl – das kommt nicht alle Tage vor.
Zurück auf dem Festplatz fand dann die Krönungszeremonie statt. Die 5. Genthiner Kartoffelkönigin Nicole wurde für die neue Amtszeit wiedergekrönt. Sie bleibt uns also noch länger erhalten. Das ist auch gut so, denn sie ist engagiert dabei und sehr aktiv. Warum sollte man ein Erfolgsmodell austauschen? Sie hat Genthin weithin bekannt gemacht, und dass das funktioniert, sieht man ja schon an der Anzahl Gasthoheiten von nah und fern, die zum Kartoffelfest gekommen sind.
Bestimmt trifft man sich irgendwo wieder. Aber die Hoheitensaison neigt sich dem Ende. Wenn das Wetter Feste im Freien nicht mehr erlaubt, kehrt die Ruhephase ein. Man beginnt die Erlebnisse zu verarbeiten und sich auf die neue Saison vorzubereiten. Was war gut, was kann man besser machen?
Eines kann ich sagen: es war ein tolles Jahr, vollgestopft mit Erlebnissen, und wenn ich einen Sponsor hätte, für den ich Werbung machen könnte, dann ließe sich alles sogar noch weiter ausbauen. Wenn ich als Kulturrepräsentantin weit herumkomme, kann ich durchaus auch beinah beliebige Produkte und Regionen vertreten, die davon profitieren könnten. Der Erfolg wäre vorprogrammiert.
Ein Fest steht steht jetzt noch auf dem Plan: Das Vugelbeerfest in Lauter-Bernsbach. Dann ist erstmal Pause bis voraussichtlich Dezember.
21.09.2019