Bei den Probsteier Korntagen
21./22.07.2018
In Schleswig-Holstein, gar nicht so weit von Kiel, da liegt eine Gegend, die nennt sich „die Probstei“. Sie gehört zum Landkreis Plön und war für mich eine landwirtschaftliche Gegend, die ich bis vor kurzem noch gar nicht kannte.
Nun bekam ich 2018 jedoch eine Einladung von der Probsteier Kornkönigin, und ich durfte bei der Eröffnungsfeier im kleinen Örtchen Stoltenberg (320 Einwohner) dabei sein. Diese Chance ließ ich mir nicht entgehen, von Hamburg aus ist es ja gar nicht sehr weit.
Der heiße trockene Sommer 2018 hatte auf den Feldern seine Spuren hinterlassen. Viele Äcker waren bereits früher abgeerntet als sonst, die Erträge gering, der Raps verbrannt… Aber die Rosen hatten geblüht wie nie und auch die Obstbäume bogen sich von der Last ihrer Früchte, nachdem im Jahr zuvor die Blüten erfroren und die Ernte ausgeblieben war. Schwierige Jahre für die Landwirte. Ein Bauernhof ist nun mal keine Fabrik. Er ist abhängig vom Wetter, und auch die Marktbewegungen bringen so manchen in Existenznot.
Aber ich wollte von den Korntagen berichten. Die Probstei lockt mit den Korntagen auch viele Touristen an, die sich sonst vor allem an den Ostseestränden tummeln. Und so gab es zur Eröffnung ein großes Fest mit einer ganzen Reihe von Hoheiten. Ich – die Königin der Texte aus Hamburg – durfte diesmal auch dabei sein und die Probstei kennenlernen.
Mit Booten wurden wir über den Passader See zum Festplatz nach Stoltenberg gefahren. Dort wartete schon eine Menge Publikum auf uns.
Zur feierlichen Eröffnung der Korntage, die vier Wochen andauern, gab es einen Gottesdienst mit Unterstützung durch einen Chor und Posaunen. Die wichtigen Persönlichkeiten der Probstei sowie aus Politik und Wirtschaft plauderten „aus dem Nähkästchen“. Das alles bei großer Hitze. Unter dem vollem Einsatz bemühten sich die Männer vom THW und von der Feuerwehr, wenigstens für die Hoheiten ein wenig Schatten zu spenden. Das war mit dem großen Marktschirm nämlich eine ziemliche Herausforderung, weil der trockene Boden das Teil gefährlich ins Wanken brachte.
Eine Krönung gab es übrigens auch. Die Kornkönigin Johanna gab ihr Amt weiter an die Kornprinzessin Imken und eine neue Kornprinzessin wurde gekrönt. In ihrer Tracht waren sie sehr schön anzusehen und werden ihre Region nun wieder ein Jahr lang repräsentieren.
Die Korntage sind aber mehr als nur die Eröffnungsfeier. Vier Wochen lang gibt es überall in der Region Veranstaltungen, und was ganz besonders ist, sind die Strohfiguren, die die einzelnen Orte gebaut haben und mit denen sie im Wettstreit stehen. Ein Ort wird gewinnen, aber eigentlich ist der Sinn doch, dass die ganze Region gewinnt, denn täglich kommen viele Touristen mit Autos oder Fahrrädern und fahren von einem Ort zum anderen, um all die tollen Kreationen zu bewundern, die um den ersten Preis buhlen.
Natürlich bauen die Aktiven in jedem Jahr neue andere Kunstwerke aus Stroh, und die sind wirklich sehenswert. Meist steht ein Thema im Hintergrund, das auf etwas aufmerksam machen will. Ob es nun die Mondlandung von 1969, das Sterben der Bienen oder die sexuelle Belästigung der Frau (#metoo) ist, die Erbauer haben sich etwas dabei gedacht. In Passade feiert z. B. Minnie Mouse ihren 90. Geburtstag als Vorreiterin der Emanzipation. In Krummbek macht der verunglückte Radfahrer eindrucksvoll auf die Gefahr von zu viel Alkohol aufmerksam, während in Fiefbergen ein liebevoll gestalteter Tante Emma Laden aus Stroh steht oder in Stakendorf die Comicfigur Werner die Besucher in Scharen anzieht. Die Kunstwerke aus Stroh bilden ein breites Spektrum an Ideen ab und sind absolut sehenswert.
Es ist schwer zu entscheiden, welche nun die beste ist. Ich finde, das Beste ist, dass sich so viele Menschen Gedanken und Arbeit gemacht haben. Die Besucher wissen es zu schätzen, und all diejenigen, die noch nicht davon gehört haben, lesen vielleicht meinen Bericht und machen sich selber vor Ort ein Bild. Es gibt viele Gegenden in Deutschland, die etwas zu bieten haben. Oft liegen sie gar nicht weit entfernt. Man muss nur davon erfahren, damit man sich auf den Weg macht und viel Schönes entdeckt.